Die meisten Führungskräfte sind davon überzeugt, dass sie eigentlich die ganze Zeit mit anderen kommunizieren: in Mitarbeiterversammlungen, E-Mails, Team-Meetings und Slack-Posts. Das sind gute Kommunikationswege, sicher, aber Ihre Beschäftigten brauchen vielleicht noch etwas anderes, vor allem wenn die Kommunikation nur in eine Richtung läuft.
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen möchten wissen, was im Unternehmen los ist. Sie möchten sowohl die positiven wie negativen Entwicklungen kennen, damit sie Entscheidungen nachvollziehen und Vertrauen aufbauen können. Ebenso möchten sie wissen, wie sie in das große Ganze passen und wie sie sich optimal einbringen können. Sie wünschen sich eine objektive Beurteilung ihrer Arbeit und wollen erfahren, was gut läuft und was nicht und warum das so ist.
Eine solche Transparenz kann für die Beschäftigten unglaublich motivierend sein. Es ist wie bei einem US-Football-Spiel, in dem die Spieler mit Mikrofonen ausgestattet sind. Über das sogenannte „Hot Mic“ können die Zuschauer:innen alles hören: vom Kontakt beim Tackle über die Kommentare, die sich die Spieler an den Kopf werfen, bis hin zur körperlichen Anstrengung bei einem Angriff. Bei solchen Aktionen quasi hautnah dabei zu sein, ist aufregend und erlaubt ungeschönte Einblicke in die Arbeit eines Teams oder einer Organisation.
Feedback ist der Motor
Transparenz liegt vor, wenn Führungskräfte bewusst all relevanten Informationen an die Mitarbeitenden weitergeben. Aber dies darf keine Einbahnstraße sein. Feedback sollte hin und her fließen: Von der Führungsebene zu den Beschäftigten und umgekehrt. Nur dann wird es für das Unternehmen zu einem unschätzbar wertvollem Tool im Hinblick auf das Ziel organisatorische Transparenz.
In einer aktuellen Studie haben wir Mitarbeitende sowohl aus Unternehmen, die Feedback fördern, befragt, als auch aus solchen Firmen, die kein Feedback wünschen. Dabei stellte sich heraus, dass die ersteren mit einer doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit der Meinung sind, dass ihre Unternehmensführung die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten versteht.
Darüber hinaus nehmen Unternehmen, die eine Feedback-Kultur unterstützen, eher die Vorteile wahr, die Transparenz mit sich bringt. Insgesamt gesehen zeigt die Studie, dass eine Feedback-Kultur sich positiv auf fast alle Personalthemen auswirkt: von der Überzeugung der Beschäftigten, gehört zu werden, über ihre Motivation und ihr Engagement bis hin zu ihrer Wahrnehmung der Personalabteilung und Führungsebene.
Ich für meinen Teil bitte mein Team, mir zu der Korrespondenz, die ich versenden möchte, Feedback zu geben. Ich frage zum Beispiel: „Wie wirkt dieses Schreiben auf euch?“ Meistens haben die Kolleg:innen unterschiedliche Meinungen und ich versuche, diese zu berücksichtigen.
Wenn ich mein Team um Feedback bitte, dann bitten auch meine Teammitglieder mich eher um ehrliche Rückmeldung. Nach meiner Erfahrung verstärkt das Fragen nach Feedback und dessen Umsetzung die Bindung zwischen Führungsebene und den jeweiligen Teams.
Nach der Transparenz folgt das Vertrauen
Wie immer: Nichts ist einfach. Wenn Sie nach Feedback fragen, werden Sie es in der Regel auch bekommen, positives wie negatives. Die Angst vor negativem Feedback ist der Hauptgrund dafür, dass viele erst gar nicht um Rückmeldung bitten. Aber wenn wir uns dieser Angst stellen und sie überwinden, ist allen geholfen, vor allem aber den Mitarbeitenden, die das Abgeben von Feedback oft für sinnlos halten.
In unserer schon erwähnten Studie haben wir auch diejenigen Beschäftigten, die trotz entsprechender Möglichkeit kein Feedback geben wollten, nach deren Gründen gefragt. Fast die Hälfte äußerte, dass ihrer Meinung nach ihr Feedback sowieso keine positiven Veränderungen bewirken würde. Das bedeutet im Wesentlichen, dass die Mitarbeitenden nicht davon überzeugt sind, dass die Führungsebene sich ihr Feedback ansieht und entsprechende Maßnahmen ergreift.
So ganz Unrecht haben sie damit nicht, denn Mitarbeiterfeedback kann schließlich nicht immer zu Veränderungen führen. Aber eine Organisation, die Transparenz lebt, kann ihren Beschäftigten anhand ihres Feedbacks die Möglichkeit geben, aktiv an einer Lösungsfindung mitzuwirken, und damit die Verantwortung auf mehr Schultern verteilen.
Das bringt uns zu einem anderen Zauberwort im Zusammenhang mit Transparenz: Vertrauen. Unsere Intuition sagt uns, dass wir nur von den Menschen Feedback einholen sollten, denen wir vertrauen: Kollegen und Kolleginnen, Vorgesetzte oder Personen, die nicht unmittelbar in die Situation involviert sind. Daher ist es natürlich, wenn wir glauben, dass Vertrauen zuerst kommt und dann die Transparenz.
Aber das Gegenteil ist der Fall. Vertrauen entsteht durch Transparenz. Denn durch das Eingestehen eines negativen Ergebnisses oder durch die Bitte um Feedback, wird diese Person verletzlich und genau dies öffnet den Menschen das Tor, selbst aufrichtig und entgegenkommend zu sein. Transparenz dient dem Aufbau von Vertrauen, und nicht umgekehrt.
Und wenn die höchste Führungsebene einer Organisation Transparenz auf offene und aufrichtige Weise vorlebt, werden es ihnen andere nachtun.
3 bewährte Aktionen für Führungskräfte für mehr Transparenz
1. Gestehen Sie vorhandene Schwächen ein
Transparenz zu leben scheint einfach zu sein, wenn alles gut läuft. Eine Mitarbeiterversammlung, in der nur positive Ergebnisse und Kennzahlen präsentiert werden, ist ein Traum. Richtig. Ein Traum. Die Realität sieht anders aus. Jedes Unternehmen hat mit Herausforderungen zu kämpfen, die die Angestellten sehr wohl zu spüren bekommen. Sie zeigen sich in unrealistischen Umsatzzahlen, in veränderten Strategien, die zunächst keinen Sinn zu machen scheinen, oder in Kündigungen, die erst einmal für die Verbliebenen mehr Arbeit bedeuten.
Die Führungsebene sollte in der Lage sein, Fehler einzugestehen, wenn Dinge schief laufen. Das kann so ein einfacher Satz sein wie: „Leider hat dies nicht so funktioniert wie erwartet, aber wir hatten unsere Gründe für diese Entscheidung.“ Und sobald das Gesagte einsinkt, ist es wichtig die Gründe nachzuschieben.
2. Erkennen Sie, wann es zu viel wird
Beschäftigte sind in der Lage, viele Informationen aufzunehmen. Doch diese Informationen kommen nicht alle über unternehmensinterne Kanäle. Wahrscheinlich erhalten sie sogar mehr Informationen als Ihnen bewusst ist: über Social Media, Jobportale, Arbeitgeberbewertungen und so einige andere Channels. Das heißt auch, dass Mitarbeitende womöglich mehr Kontext und Erkenntnisse über aktuelle Entwicklungen erwarten als angemessen wäre.
Tatsache ist, dass Sie den Kontext selber nicht immer kennen. Und wenn Sie ihn kennen, können Sie ihn nicht immer teilen. Transparenz bedeutet nicht, allen alles mitzuteilen, was diese gerne wüssten. Transparenz bedeutet, das Vertrauen aufzubauen, dass Sie Ihre Beschäftigten über alles Nötige informieren oder mit ihnen Ihre Visionen teilen. Vertrauensaufbau ist ein Prozess, der auf allen Ebenen und in jeder Phase des Mitarbeiterlebenszyklus notwendig ist: von der Einarbeitung über Vier-Augen-Gespräche bis zu unternehmensweiten Vollversammlungen.
Mitarbeitende, die regelmäßig Transparenz erfahren, haben das Vertrauen, dass, wenn etwas Relevantes eintritt, sie rechtzeitig und präzise zum rechten Zeitpunkt informiert werden.
3. Fördern Sie Mikrokulturen
Teamkultur ist ein wichtiger Mosaikstein, der anerkannt werden sollte. Als der Football-Spieler George Kittle beim Spiel ein Mikrofon trug, führte er die Offensive mit einer positiven, witzigen und coolen Art an, und motivierte damit alle Spieler und Mitwirkenden. Dies steht im direkten Kontrast zum Teamkameraden Fred Warner, dessen Intensität und Arbeitsmoral der Verteidigung Flügel verlieh.
Und genau darum geht es: Mikrokulturen sind für den Aufbau von Vertrauen unerlässlich. Die Mikrokultur eines kleinen Teams unterscheidet sich eventuell in seinem Methoden, Zielen und Beziehungen von der Gesamtkultur einer Firma. Doch sollte dies nicht als Problem gesehen werden, denn immer, wenn Beschäftigte Vertrauen fassen und damit Bindung und Engagement zeigen, ist das ein Gewinn. Führungskräfte, die die Mikrokultur ihres Teams fördern, kreieren eine Umgebung, in der Feedback voller Vertrauen geäußert werden kann.
Aus diesem Grunde ist es so wichtig, dass sich die einzelnen Teamleitungen ansehen, wie das Feedback-System des Unternehmens für ihre jeweiligen Teams funktioniert. Dies eröffnet die Möglichkeit, zwischen Mitarbeitenden und Firma ein langfristiges Vertrauensverhältnis aufzubauen, und bestärkt die Einzelnen, länger in diesem Unternehmen zu bleiben.
Letztlich ebnet Transparenz den Weg für Organisationen und Firmen, ihre besten Kräfte zu halten und bei Neueinstellungen diejenigen zu gewinnen, die eher erfolgreich sein werden. Vermitteln Sie den Bewerbenden möglichst genau, was sie erwartet. Organisationen, die dies umsetzen, haben größere Chancen, genau die Menschen einzustellen, erfolgreich einzugliedern und zu halten, die in das Unternehmen passen.
Fördern Sie Transparenz in Ihrem Unternehmen
Bewerten Sie die Offenheit Ihres Unternehmens mit dieser Vorlage, die in Zusammenarbeit mit dem Unternehmensexperten Constantinos Coutifaris entwickelt wurde.